Themenfeld Einzelpartikel-Massenspektrometrie

Leitung: Dr. Johannes Passig

Überblick

Abb. 1: (oben) Räumlich und zeitlich abgestimmte Laserpulse dienen dem hochempfindlichen Nachweis anorganischer Komponenten und toxischer aromatischer Moleküle auf einzelnen Partikeln [2]. (unten) 3-d Modell der Laser-Detektionseinheit.

Luftgetragene Partikel (Aerosole) spielen eine bedeutende Rolle im Klima der Erde. Anthropogene Aerosole, oft als Feinstaub bezeichnet, gehören weiterhin zu den gefährlichsten Umwelteinflüssen für die menschliche Gesundheit und führen zu mehreren Mio. Todesfällen pro Jahr [1]. Die detaillierten Wirkungen auf Klima und Gesundheit sind nur teilweise verstanden, auch weil die Aerosole tausende Substanzen in ständiger Wechselwirkung mit der umgebenden Atmosphäre enthalten können. Gerade diese Variabilität sowie die Verteilung toxischer Spurensubstanzen auf den Partikeln unterschiedlicher Herkunft erfordern Echtzeitmethoden zur Charakterisierung einzelner Partikel.

Unsere Forschung widmet sich der Entwicklung und Verfeinerung von Methoden, welche mit Hilfe spezieller Laserstrahlung relevante Substanzen auf einzelnen Aerosolpartikeln nachweisen. Dazu werden diese mit intensiven Laserpulsen beschossen, wobei die Zielsubstanzen verdampft, ionisiert und in dafür entwickelten Einzelpartikel-Massenspektrometern identifiziert werden. Wir nutzen Resonanzeffekte zwischen Laserlicht und Partikel, um die Spurensubstanzen auf Partikeln bis unter 0.1µm Größe nachzuweisen.

Funktionsprinzip

Bei der Einzelpartikel-Massenspektrometrie (single-particle mass spectrometry, SPMS) [6,7] werden einzelne Partikel in einer Gasexpansion abhängig von ihrer Größe auf etwa 100-200 m/s beschleunigt und durchlaufen zwei aufeinanderfolgende Laserstrahlen, wobei sie anhand ihres Lichtstreusignals detektiert werden. Aus der Flugzeit zwischen beiden Strahlen wird einerseits die Partikelgröße bestimmt, andererseits auch die individuelle Ankunftzeit des Partikels in der Ionenquelle eines bipolaren (Anionen & Kationen nachweisenden) Flugzeitmassenspektrometers. Dort wird der Partikel dann "im Flug" von mehreren speziellen Laserpulsen zielgenau getroffen, um die angestrebten Verdampfungs- und Ionisationsvorgänge zu steuern. Die Ionen werden nach ihrer Masse analysiert und durch Mustererkennungsalgorithmen anhand typischer Signaturen klassifiziert und ggf. bestimmten Emissionsquellen zugeordnet.

Funktionsprinzip der Einzelpartikel-Massenspektrometrie

Anwendungsgebiete

Ein wichtiges Beispiel sind krebserregende Polyzyklische Kohlenwasserstoffe (PAKs), welche nach ihrer Emission durch z.B. Öfen, Waldbrände oder Motoren hunderte Kilometer weit durch den Wind transportiert werden. Solche Partikel befinden sich in jedem Atemzug, aber ihre Anzahl und Konzentration variiert sehr stark. Die PAKs können über viele Partikel verteilt sein, also stark verdünnt, und somit in der Lunge abgebaut werden. Andererseits können auch wenige Partikel besonders hohe Konzentrationen aufweisen, wodurch die zelluläre Abwehr überfordert wird und winzige Entzündungsherde entstehen – der Anfang unheilvoller Prozesse, die in Verbindung zu Asthma, Herzproblemen oder gar Krebs stehen. Die von uns entwickelten Massenspektrometer können weit weniger als 10-15 g der PAKs auf einzelnen Partikeln nachweisen und dabei zusätzliche Information über die Herkunft der Partikel gewinnen [2].

Abb. 2: Die lichtgesteuerte Überlagerung verschiedener Ionisationsmechanismen ermöglicht den gleichzeitigen Nachweis der gesundheitlich relevantesten Komponenten auf individuellen Partikeln. (Oben) Schwermetallhaltiger Partikel aus Kohleverbrennung nach atmosphärischem Transport aus Osteuropa nach Rostock. (Unten) Partikel von 400 nm Größe mit PAKs aus Holzfeuerung. Die Sulfat- und Oxalatsignale links weisen auf eine lange Verweildauer in der Atmosphäre und den Einfluss von Sonnenlicht hin [2].

Ein weiteres wichtiges Thema sind partikelgebundene Metalle. Diese sind im Wüstenstaub enthalten, oder auch in Motoremissionen, z.B. von Schiffen. Eisen ist an vielen grundlegenden biologischen Prozessen beteiligt. Somit ist es einerseits ein wichtiger Luftschadstoff, welcher in jüngster Zeit auch mit akuten kardovaskulären Problemen in Verbindung gebracht wird [3]. Andererseits ist Eisen ein essentielles Spurenelement für fast alle Lebewesen. Das Leben in weiten Teilen der Ozeane ist direkt vom Transport und Eintrag von Eisen durch atmosphärische Aerosole abhängig – mit komplexen Rückkopplungen auf die Artenzusammensetzung und das Klima [4]. Wir stimmen Laserpulse auf Atomresonanzen von Eisen und anderen Metallen ab, wodurch diese empfindlicher und zuverlässiger auf Partikeln nachgewiesen werden und die Transportwege der Metalle ins Meer besser erforscht werden können [5].

Abb. 3: Hauptkomponentenanalyse chemischer Signaturen für einzelne Partikel des Hintergrundaerosols auf einer abgelegenen Halbinsel in Schweden. Die Partikel wurden mithilfe eines künstlichen neuronalen Netzes klassifiziert (ART-2a). Laser-Atom Resonanzen wurden genutzt, um den Eisennachweis zu verbessern (markierte Partikel). Die Messung zeigt die Bedeutung organischer Aerosole für den atmosphärischen Transport von Eisen ins Meer, aber auch Agglomerationen mit Seesalz sind beteiligt [5].

Über die Luftverschmutzung hinaus interessieren wir uns auch für sicherheitsrelevante Stäube. Dies können schwer nachweisbare Sprengstoffe, Drogen oder in der Zukunft auch biologische Pathogene sein. Wir optimieren die Einzelpartikel-Massenspektrometrie für deren Nachweis, zunächst anhand harmloser Modellsubstanzen, wie im gezeigten Massenspektrum einzelner Ibuprofen-Staubpartikel.  

Abb. 4: Die Technologie eignet sich auch zum Nachweis potentiell gefährlicher Stäube aus Reinsubstanzen mit niedrigem Dampfdruck, wie im hier gezeigten Beispiel an ungefährlicher Medikamente gezeigt.

Kontakt

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Literatur

Literatur

[1] WHO, Ambient Air Pollution: A global assessment of exposure and burden of disease, report, (2016)

[2] J. Schade, J. Passig, R.Irsig, S. Ehlert, M. Sklorz, T. Adam, C. Li, Y. Rudich, R. Zimmermann, Spatially Shaped Laser Pulses for the Simultaneous Detection of Polycyclic Aromatic Hydrocarbons as well as Positive and Negative Inorganic Ions in Single Particle Mass Spectrometry, Anal. Chem. 91, 15, 10282-10288, (2019)

[3] Ye, D., Klein, M., Mulholland, J. A., Russell, A. G., Weber, R., Edgerton, E. S., Chang, H. H., Sarnat, J. A., Tolbert, P. E., and Ebelt Sarnat, S.: Estimating Acute Cardiovascular Effects of Ambient PM2.5 Metals, Environ. Health Persp. 126, 27007, (2018)  

[4] N. M. Mahowald, D. S. Hamilton, K. R. M. Mackey, J. K. Moore, A. R. Baker, R. A. Scanza, Y. Zhang, Aerosol trace metal leaching and impacts on marine microorganisms, Nat. Commun. 9, 2614 (2018)

[5] J. Passig, J. Schade, E.-I. Rosewig, R. Irsig, T. Kröger-Badge, H. Czech, M. Sklorz, T. Streibel, L. Li, X. Li, Z. Zhou, H. Fallgren, J. Moldanova, R. Zimmermann, Resonance-enhanced detection of metals in aerosols using single-particle mass spectrometry, Atmos. Chem. Phys. 20, 7139–7152, (2020)

[6] K. Pratt, K. Prather, Mass spectrometry of atmospheric aerosols-Recent developments and applications. Part II: On-line mass spectrometry techniques, Mass Spectrom. Rev., 31: 17-48, (2012)

[7] J. Passig, R. Zimmermann, Laser Ionization in Single‐Particle Mass Spectrometry, book chapter in Photoionization and Photo‐Induced Processes in Mass Spectrometry: Fundamentals and Applications, Wiley-VCH, ISBN: 9783527335107, (2021)